Roger ist Mitgründer der Liebesakademie im ZEGG und hielt beim Pfingstfestival 2024 einen Vortrag über die Mitfreude als wichtigen Baustein für eine neue Kultur. Er beschreibt ihre Grundlagen und Herausforderungen und beantwortet dabei die Fragen:
- Welche Ebenen der Mitfreude gibt es?
- Was bedeutet Mitfreude (mudita) in der buddhistischen Tradition?
- Warum fällt uns Mitfreude oft schwer, vor allem in unseren Liebesbeziehungen?
- Und was hilft uns mehr Mitfreude zu entwickeln?
Vorgestellt wird er von Eva Weigand, die das Pfingstfestival 2024 zum Thema „Herz - Sex - Spirit III - Quellen unserer Menschlichkeit in einer fragmentierten Zeit“ mit geleitet hat.
Ebenen der Mitfreude
Roger beschreibt verschiedene Ebenen der Mitfreude und wünscht sich eine
- neue Liebeskultur: Ich lebe mein volles Potential und unterstütze andere, das auch zu tun.
- neue Arbeitskultur: Ich verschenke mein Wissen und freue mich über das Wachsen und Großwerden anderer.
- neue Ökonomie: Ich freue mich über das Gedeihen anderer und unterstütze es.
Und es gibt die „Risse“ in uns, wo die Mitfreude eher eine Anstrengung ist oder schwer fällt. Es soll deshalb kein neuer Sollwert, kein überhöhter Anspruch entstehen.
Und doch ist es wichtig zu fragen:
Was hat es mit der Mitfreude auf sich?
Was sind Grundlagen oder auch Erschütterungen?
Kulturelle Einordnung
Im kapitalistischen System ist die Mitfreude kaum vorgesehen, da es eher auf Konkurrenz und einer Kultur des Jammerns basiert: Bloß keinen Neid auslösen!
In der buddhistischen Tradition hat die Mitfreude eine gute Basis:
- Mudita als eine der vier Herzensqualitäten, gemeinsam mit
- liebender Güte,
- Mitgefühl und
- Gelassenheit.
Sie wird oft als die schwierigste der vier bezeichnet, denn wir fühlen uns oft anders als in unserer Idealvorstellung.
Mitfreude bedeutet u.a., dass man sich mit anderen Wesen über das erlangte Wohlbefinden freut und ihnen wünscht dieses nicht mehr zu verlieren.
Wichtig: Was einen anderen glücklich macht, muss nicht das sein, was einen selbst glücklich macht!
D.h., man muss von den eigenen Vorstellungen absehen können und sich in den anderen Menschen hineinfühlen.
Daher wird Mitfreude auch leichter, wenn ich etwas selbst auch schön finde.
Viel schwieriger ist es, wenn z.B. meine Partner:in jemanden attraktiv findet, den:die ich gar nicht gut finde und es nicht nachvollziehen kann, was sie an diesem Menschen findet. Dann entsteht Bedrohung.
Doch nicht nur in polyamoren Liebesbeziehungen ist es ein Thema. Roger ist es wichtig zu betonen:
„Wir im ZEGG und ich als Liebeshüter stehen für eine Kultur, wo alle Liebesformen gleichberechtigt und würdevoll nebeneinander stehen!"
Deshalb gibt er auch ein Beispiel aus der Monogamie: „Wenn meine Partnerin es liebt permanent Ausbildungen zu machen und ich das Gefühl habe, es geht uns dadurch was verloren an Zeit und Ruhe.“
Fred von Almen sagt:
„Das Leiden der anderen zu sehen ist uns einigermaßen geläufig, aber ihre Güte, ihr Glück und Wohlergehen zu sehen braucht meist viel Übung und eine innere Umschulung.“
Umwege und schmerzhafte Erfahrungen
Oft vergleichen und verurteilen wir. Deshalb fällt Mitfreude mit Kindern oft leichter, vielleicht weil wir uns mit diesen nicht vergleichen.
Rogers persönliche Erfahrungen:
Ich habe Mitfreude früh gekannt und gelebt.
Dann hat sich eine Partnerin in einen anderen Mann verliebt und war nur noch mit diesem, zog sogar aus zu ihm.
Ich bin damals kollabiert und habe mich verraten gefühlt.
Da hat mir mein großer Geist erst mal lange nicht geholfen.
Der größte Schmerz war: Ich hatte den Zugang zu meiner Quelle verloren.
In der Zeit danach hat sich eine Schmerzerwartung über meine Mitfreude gelegt.
Ich musste mich danach richtig bewusst entscheiden, damit ich wieder in diesen offenen Zustand kam: Mein Zugang zu meiner Quelle bleibt offen.
Und ich musste Selbstbilder aufgeben und neue anerkennen, z.B.:
Meine Liebesfähigkeit und Mitfreude hat Grenzen.
Ich muss diese Grenzen kommunizieren.
Dies hat mir geholfen, meinen Raum von Mitfreude wieder zu finden.
Was sind noch Kontrahenten der Mitfreude?
- Es ist nicht genug da.
- Neid
- Missgunst
- Vergleichen
- Schadenfreude
- Eifersucht —> Angst etwas Wichtiges zu verlieren
- Fehlender Respekt für die Großzügigkeit, wenn ich mitfreudig unterstützt wurde
- Sich ausgenutzt fühlen im bedingungslosen Schenken —> manchmal denken wir dann „Nie wieder“ und in uns selbst geht die Quelle zu
Wichtig: Ein anderer Umgang mit Mitfreude ersetzt nicht die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderungen z.B. des Kapitalismus‘.
Was hilft uns mehr Mitfreude zu entwickeln?
Unsere persönliche Ausrichtung könnte sein:
- Mich in Fülle wahrnehmen statt im Mangel
- Mitfreude mit mir selbst
- Dankbarkeit praktizieren
- Eigene Grenzen kennen und kommunizieren
- Neid in Kontakt bringen, damit er nicht versteckt werden muss und damit er mich leiten kann, wohin ich auch will
- „Window of tolerance“ des Nervensystems immer wieder gut putzen
- Symbole und Erinnerungsgegenstände für Mitfreude aufstellen
- eigene Freude, eigenes Leuchten teilen
- In Gemeinschaft muss ich nicht alles selbst erleben oder einbringen, sondern ich kann mich auch daran freuen, wenn es andere tun, d.h. frei von Selbstwichtigkeit werden.
Roger erzählt das Beispiel eines Dorfes in Thailand, wo immer die Glocken geläutet werden, wenn jemand etwas Freudvolles erlebt hat. Dann kommen alle zusammen, um dies zu feiern.
„Wenn wir glücklich sein wollen, sollten wir uns auf jeden Fall auch für andere freuen - Denn dies wird unsere Chancen auf Glück gleich mal um mehrere Milliarden erhöhen!“ (Dalai Lama)
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