SilvesterIrisKatiEs war ein ungewöhnliches Festival. Bewusst wurde es Silvester-“Retreat“ genannt, eine Einkehr. Miteinander nach Innen gehen und trotzdem so viel teilen: diese gelungene Mischung haben Iris Jäger und Kati Magyar als Tagungsleitung vollbracht.

In den gemeinsamen Vormittagen luden sie Qualitäten ein wie Verlangsamung, Sinken, Wahrnehmen, Verletzlichkeit, Zartheit, Naturverbundenheit, Kraft, schlichte Begegnungsübungen, Träumen. Und auch das weitere Programm stand im Zeichen der Einfachheit und Berührbarkeit.

SilvesterEdithSongAm frühen Morgen gab es Feuer der Stille und ein Traumforum. Der Vormittag begann mit einem „Einklang“ von Gong Meditation und Handpan bis Geigenmusik in der Aula. Diese war umgestaltet worden zu einem „Nest“ mit Stoffen, Sofas, Podesten, so dass alle 120 Gäste ihren Platz gut einnehmen konnten. Statt Vorträgen gab es jeden Tag eine Andacht zu Themen wie

  • „Gemeinschaft bilden“ mit Dolores Richter,
  • „Dunkelheit“ mit Edith Wolter-Simon,
  • „Empfangen“ mit Veronika Oehler und
  • „Gebären“ mit Dirk Adams (ja, es war gewollt, dass ein Mann dazu sprach ;-).

SilvesterDialog2So schenkte uns Dolores Richter ihr Wissen, was die Bildung von Gemeinschaft unterstützen und wie die Dynamik zwischen Zugehörigkeits- und Autonomiebedürfnis gelingen kann. Durch:

  • Beziehungsfähigkeit: „Ich bekomme mehr mit als nur mich“;
  • Selbstkontakt: „Dass ich mich wahrnehme: was in mir passiert – und das auch annehme“;
  • Das Wesen des anderen Menschen schauen: „Wo das Wesen durch das Welt-Ich hindurchscheint, begegne ich einer Person“;
  • Zuhören: „Beim Zuhören entsteht ein Raum der Stille. Und beim Zuhören erkennen wir uns selbst in einem Anderen“.

SilvesterDialog1Veronika beschrieb in ihrem Input die Fähigkeit trotz aller Widrigkeiten und schwierigen Umstände etwas Lichtvolles empfangen zu können: „Das Wollen & Nicht-Wollen hört dann auf“. Als Qualitäten, die dabei helfen können, benannte sie:

  • Glaube, dass innere Führung möglich ist
  • Sich leer machen (durch Schütteln, Tanzen, Weinen, Counceln)
  • Pausen halten können (durch Stille, Meditation)
  • Nicht verurteilen, was dann aufsteigt und keine „Bedeutungsgewichte“daran hängen (à la „Ich bin jetzt so spirituell“)
  • Wechsel und Übergänge bewusst vollziehen
  • Trotzdem! „Trotzdem es schwer ist zu empfangen oder still zu werden, will ich es unbedingt tun!“

SilvesterHolzFeder 540pxEin Höhepunkt des Retreats war der Schwitzhüttentag am 30.12., an dem das Team des Deer Tribe fünf Schwitzhütten ermöglichte und damit 150 Menschen sich reinigen, beten, Altes abgeben und Energie für Neues aufbauen konnten. Für einige Teilnehmer:innen war es die erste Schwitzhütte ihres Lebens und ein prägendes Erlebnis. Es ist ein besonderes Geschenk, wenn die Schwitzhütten an Silvester und Ostern in unsere Tagungen einfließen.

SilvesterHeimatgruppeTäglich am Nachmittag fanden die Heimatgruppen statt: Von ZEGG Bewohner:innen geleitete Gruppen mit 16-30 Menschen zum tieferen Austausch, Integrieren und Gemeinschaftsaufbau. Mit vielen Angeboten für das Loslassen und den Körper, mit Forum, Counceln, dem gemeinsamen Schwitzhütten- und Saunagang.

SilvesterHeimatgruppeKuschelndDie Abendgestaltung war vielfältig, aber ruhig und übersichtlich: Tanz, Kreatives Gestalten im Atelier, Sein & Sinken, Taizé-Lider am Feuer singen, mit 120 Menschen und Hagara in der Aula Mantren singen... Und natürlich das Silvesterfest mit dem Motto: „Sinne beleben - Energie bewegen“. Der erste Teil fand mit Augenbinden statt und war den Sinnen gewidmet, liebevoll begleitet von einem großen Team. Ohne die oft bewertende Funktion der Augen waren so ganz neue Begegnungen möglich. Danach legte DJane Silvana für uns auf und viele bemerkten beim wilden und versunkenen Tanzen den Jahreswechsel erst weit nach Mitternacht. Auch hier war die Silvesternacht eher ein weiter Fluss als ein kurzer Moment.

FundraisingBarbaraEliasPrägnanter wurde es beim Fundraising am 1.1., das unaufgeregt, aber freudig fließend stattfand. Wir wurden beschenkt mit einer so feinen Dankbarkeit und dem schlichten Wunsch der Gäste beizutragen. Wir alle aus der Gemeinschaft möchten uns herzlich dafür bedanken und es rührt uns immer wieder, dass wir den Platz zwar täglich, aber nicht alleine tragen.

SilvesterFördererAlle Spender:innen haben dazu beigetragen, dass wir weitere 14.000 Euro für die Instandhaltung des ZEGG zur Verfügung haben. Aktuell gehen diese in die Sanierung unseres Notstromaggregats.

Das Fundraising ist auch immer die Gelegenheit, um Feedback zu bekommen und Erfahrungen der Gäste zu hören. So erzählte Simon aus Berlin: „Die Sicherheit, die Geld gibt (dass ich genug zu essen habe und ein Dach überm Kopf), die habe ich. Aber die Sicherheit, die ich hier bekomme, die ist unbezahlbar: Die Sicherheit, dass ich so sein kann, wie ich bin!“.

SilvesterSpenderinOder Steffi aus Bremen: „Wenn ich hier in die Aula komme, merke ich, wie sehr ich mich verändert habe - in den vier Jahren, seitdem ich das erste Mal herkam. Damals hatte ich noch so viele Vorbehalte im Kopf und mein erster Schritt da raus, war hier“. Und ein weiterer Gast betont die Vielfältigkeit des ZEGG: „Wie das hier immer so zusammenfließt... Toll, dass auch die Kunst dazu kommt“.

Am letzten Tag kamen die meisten Menschen weiß gekleidet und viele bedankten sich für den „Wärmeorganismus ZEGG“, für das Genährtsein und Erleben von Gemeinschaft. Yvonne aus Bern beschrieb es schlicht: „Hier kann ich so gut lernen: wann ist Zeit zum Senden und wann zum Empfangen? Und wenn ich hier so ins Empfangen komme, dann möchte ich auch etwas geben“. Wenn geben und empfangen eins wird, dann war es ein gelungenes Retreat.

SilvesterJungeLeute

Text und Fotos: Alicia Dieminger