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Das Pfingstfestival dieses Jahr war voll ausgebucht. Was zeigt, wie groß die Sehnsucht ist, diese Themen zu erforschen. Dolores Richter und Michael Anderau spannten während fünf Tagen einen weiten Bogen zu den drei Elementen Herz, Sex und Spirit – und wie diese unsere Menschlichkeit prägen. In allen Bereichen gibt es tiefe Verletzungen, durch Resonanz und Gemeinschaft kann Heilung geschehen. Wie genau, das vertieften verschiedene Referent:innen: Hannah Milling und Bernhard von Glasenapp erläuterten ihren Heilungsweg in der Sexualität raus aus sozialen Konstruktionen.

Kristina Marlen, Sexarbeiterin und Sexpädagogin teilte ihren Ansatz zur Körperarbeit, die Bedeutung bedingungsloser Liebe und Akzeptanz und die Rolle der Sexarbeit bei der Herausforderung gesellschaftlicher Normen und der Förderung von Heilung. Wie sich Beziehungen in Freundschaft und Gemeinschaft verändern, vertiefte Iris Jäger. Die Vorträge waren immer auch Erfahrungsräume, in denen wir uns mit den Themen auf einer persönlichen Ebene auseinandersetzen konnten.

Die Abendprogramme waren vielfältig und reichten von Veranstaltungen im Kunstcafé über Workshops bis hin zu einer großen Abschiedsfeier mit Tanz, Performances, DJs, einer Bondage-Performance, einer Wikingertonne und vielem mehr. Ein besonderes Highlight war der Ecstatic Dance mit Kakao auf dem Campus am Montag, bei dem die Teilnehmer:innen in der Hitze der Sonne tanzen durften.

Möchtest du von Teilnehmer:innen erfahren, wie es ihnen ging? Ich habe drei für dich befragt:

dennis

Denis ist vor zwei Wochen das erste Mal ins ZEGG gekommen und gleich für das Festival geblieben:

Interviewer: Wie war das Festival für dich?

Denis: Vielfältig, gemeinschaftlich, holistisch, inspirierend und befreiend.

Es war wie eine kleine Heldenreise. Anfangs war ich inspiriert aber auch im Widerstand. Im Laufe der Zeit hat sich dieser Widerstand jedoch aufgelöst. Besonders die Gespräche und Begegnungen mit anderen Menschen haben mich beeindruckt. Zudem haben Tanzveranstaltungen eine besondere Bedeutung für mich gehabt, da ich dort mein Raumempfinden verändert habe.

Kannst du was zum Vortrag von Kristina Marlen sagen?

Er war sehr berührend für mich. Die Themen - queere Gesellschaft und die Missverständnisse und Widerstände im Bezug auf Sexualität und sexuelle Arbeit. Es war inspirierend zu sehen, wie offen und selbstbewusst sie über diese Themen gesprochen hat. Besonders war für mich die Erkenntnis, dass es in Ordnung ist, sich komplexer zu beschreiben und sich nicht auf einfache Kategorien wie Mann/Frau oder schwul/hetero zu beschränken. Ihr Vortrag hat mir Selbstbewusstsein gegeben und mich dazu ermutigt, mich selbst mehr anzunehmen.

Und das Festival insgesamt?

ZEGG Festivals sind nicht mit herkömmlichen Festivals vergleichbar. Es geht nicht nur um Musik und Unterhaltung, sondern um persönliches Wachstum und intensive Prozesse. Es bietet eine unglaubliche Spielfläche, auf der man seine eigenen Grenzen erkunden und neue Erfahrungen machen kann. Es ist ein Ort der Freiheit und des Wachstums.

Ursa

Ursa, eine 29-jährige Psychologin, schätzt die offenen und ehrlichen Gespräche und die Möglichkeit, sich in einem sicheren und unterstützenden Umfeld mit tiefgehenden Themen auseinanderzusetzen:

Interviewer: Was hat dich zum Pfingstfestival Herz, Sex und Spirit gebracht?

Ursa: Das Festival hat mich wegen des gemeinschaftlichen Wohnens und meiner persönlichen Faszination für das Thema Liebe und Beziehung angezogen. Ich sehne mich danach, tiefe und ehrliche Verbindungen zu anderen Menschen zu haben, und möchte gerne erforschen, wie das gehen kann und was es für mich und andere manchmal schwierig macht, uns in der Tiefe füreinander zu öffnen.

Was hat dich beim Festival am meisten berührt?

Der Vortrag von Dolores. Sie sprach über die Wunden im Bereich Spiritualität, Herz und Sex, die wir aufgrund unserer Kultur in uns tragen. Diese Wunden haben mich persönlich angesprochen, und es hat mir gezeigt, dass es eine gemeinsame Erfahrung ist. Das verbindet uns alle. Auch das Thema Fundraising hat mich beeindruckt, als junge Menschen Geld für das ZEGG gesammelt haben. Das hat in mir den Wunsch geweckt, dass mehr Menschen, insbesondere junge Erwachsene, die Möglichkeit haben sollten, solche Erfahrungen zu machen.

Wie hast du dich im Festival als lebendes, sexuelles, spirituelles Wesen bewegt?

Das Festival hat mir die Möglichkeit gegeben, meine eigenen Grenzen und Themen wie Nähe und Distanz zu erforschen. Es ist eine Erfahrung des ganzheitlichen Lernens, bei dem ich nicht nur intellektuell etwas aufnehme, sondern es direkt in meinem Körper und in meinen Emotionen spüre.

Und aus diesem tiefen Gefühl heraus habe ich viele Menschen gesehen, die bereit sind, zu unterstützen. Ich finde es inspirierend zu sehen, wie Menschen so gemeinsam einen positiven Wandel schaffen.

karim

Karim, 19 Jahre, ist seit seinem neunten Lebensjahr mit dem ZEGG verbunden. Er hat bereits Kinder- und Jugendcamps erlebt und ist nun in der Twen Gruppe.

Kannst du uns erzählen, was du beim diesjährigen Pfingstfestival erlebt hast und was für dich die Highlights waren?

Die Highlights für mich sind die Zeiten, die ich mit Gleichaltrigen verbracht habe, in einer sicheren und offenen Gruppe. Es gab schöne Erlebnisse und eine freie Herangehensweise an Liebe und Beziehungen. Im Ecstatic Dance konnte ich mich selbst spüren und war in meinem Element. Es war schön, diese intensive Erfahrung ganz alleine für mich zu haben.

Hast du auch an den Vorträgen teilgenommen? Gab es etwas, das für dich besonders wichtig war?

Ja, besonders zu mir gesprochen hat der Vortrag am ersten Tag im Großzelt. Es ging um das Spüren von sich selbst und gleichzeitig auf andere einzugehen, ohne sich dabei zu verlieren. Auch der Vortrag von Kristina Marlen über Feminismus und Verletzungen hat mich sehr beeindruckt. Es war spannend zu erfahren, wie man sich mit Grenzen und Lust auseinandersetzen kann. Sie sprach darüber, wie BDSM-Spiele und das Erkunden von Grenzen heilend sein können. Ich fand es cool, dass solche Themen offen angesprochen werden.

 

Soweit die Stimmen unserer Gäste. Auch unsere Referentin Kristina Marlen beschrieb das Festival. In "Herz, Sex und Spirit - sich frei bewegen wie ein Fisch im Wasser" teilt sie ihre persönlichen Erfahrungen und weiteren Reflexionen zu den Themen des Vortrags. Ihr könnt den Artikel auf ihrer Website unter diesem Link finden. Und vielleicht seid ihr ja das nächste Mal dabei?