Ein Ökoprojekt waren wir schon immer, auch wenn wir vorrangig für Anderes bekannt geworden sind. Schon in den frühen 90er Jahren haben wir unsere Pflanzenkläranlage gebaut, die Heizanlage auf Holzhackschnitzel umgestellt, den Gemüsegarten aufgebaut und kontinuierlich für Bodenverbesserung gearbeitet. Vor knapp zehn Jahren kam die Produktion von ‚Terra Preta‘ dazu, die unseren Bodenaufbau noch einmal deutlich verbessert hat.
Seitdem separieren und sammeln wir in vielen Toiletten den Urin, um ihn mit Holzkohle u.a. zu dieser fruchtbaren „Schwarzerde“ umzuwandeln.
Vor drei Jahren haben wir dann den Ökologischen Fußabdruck des ZEGG berechnen lassen. Mit 4,8t pro Bewohner:in liegt er bezüglich des CO2-Ausstoßes deutlich unter der Hälfte des Bundesdurchschnitts (10,8 t/Person). Dass die Reduktion nicht so hoch ausfällt wie z.B. im Ökodorf Sieben Linden liegt vor allem an unserem großen übernommenen Altbaubestand. Wir haben kontinuierlich in Dämm-Maßnahmen investiert, doch zu wenig Geld ist da oft eine Bremse für schnelleres Vorankommen.
Wir haben zwei thermische und fünf Photovoltaik-Solaranlagen auf unserem Gelände, letztere erzeugen übers Jahr gerechnet einen Strom-Überschuss. Da wir (noch) keine Batteriespeicher-Anlage haben, müssen wir dennoch regelmäßig Strom dazu kaufen, den wir über Green Planet Energie als Ökostrom beziehen, während unsere Überschüsse ins Netz gehen. Aktuell stammen 86% unseres Energiebedarfes aus regenerativen Energiequellen. Der Wärmebedarf wird durch die 2011 neu und hochmodern installierte Hackschnitzel-Feuerungsanlage bedient sowie durch drei erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke und zwei Stückholzöfen.
Im Hintergrund unser Heizkraftwerk und auf dem Dach die Solarthermieanlage für Warmwasser
Für unser Abfallmanagement haben wir insgesamt über 20 verschiedene Wiederverwertungs- und Recycling-Kategorien, und zusätzlich erfreut sich unser Geschenketisch großer Beliebtheit; manche können dadurch fast vollständig zum Beispiel auf den Einkauf von Büchern oder neuen Kleidungsstücken verzichten.
2019 sind wir wichtige Schritte weiter gegangen. Wir haben in einem gemeinschaftlichen Prozess im September 2019 die wichtigsten gemeinsamen Werte der ZEGG-Gemeinschaft herausdestilliert und sie hierarchisiert. An der dritten Stelle unserer Werte-Pyramide steht „Verantwortung für die Zukunft des Lebens“. Um das mit Praxis zu füllen, wurde die seit 2014 bestehende Ökogruppe als Ökokreis in der soziokratischen Struktur des ZEGG verankert und mit größeren Vollmachten ausgestattet. Und diese Gruppe hat dann drei Monate später einen gemeinschaftlichen Entscheidungsprozess in Gang gesetzt, bei dem es richtig ‚zur Sache‘ geht, weil die Entscheidungen eingreifen in die individuellen Freiheiten des Einzelnen, die im ZEGG ja sehr hochgehalten werden. Zum Beispiel heißt es dort: „Ich vermeide Flugreisen. (…) Ich zahle in einen eigens angelegten ZEGG-Öko-Fonds ein, wenn ich unökologisch reise (…)“
Fünf Jahre später beschäftigt sich der Ökokreis wieder mit diesem Thema. Das Gesamtvolumen von Flugreisen ist gesunken seit dem Beschluss. Aber was tun, wenn Leute ihre Flüge nicht dokumentieren, wie damals beschlossen wurde, und auch nicht in den Fonds einzahlen? Wer spricht sie an? Wie gehen wir als Gemeinschaft damit um? Gibt es berechtigte Ausnahmen?
In einem intensiven gemeinschaftlichen Prozess gemeinsame Werte zu finden und ein schönes Plakat daraus zu machen ist eine Sache, das Ganze wirklich zu leben eine andere. Das gilt hier wie auch sonst wohl überall. Aber wir sind auf dem Weg. Es wird immer einfacher, einander auch auf heikle Fragen hin anzusprechen. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, die Ökogruppe mit bestimmten Vollmachten auszustatten. Wir erlauben es uns nicht, die Beschlüsse von damals als schöne Sonntagsreden zu behandeln – auch wenn wir sicher nicht perfekt sind in ihrer Umsetzung.
Den Beschluss, in der Großküche zwei Mal pro Woche rein vegan zu kochen haben wir zum Beispiel zwei Jahre später wieder aufgehoben: zu kompliziert gestaltete sich für das Küchenteam die Resteverwertung. Aber der Anteil an rein veganen Mahlzeiten ist seitdem kontinuierlich gestiegen – immer häufiger stellen die Küchenteams fast überrascht fest, dass es keinerlei tierische Zutaten gibt in den gerade zubereiteten Speisen. Auch wenn vegan Kochen gar nicht das angestrebte Ziel war, findet es heute fast täglich statt.
Auch andere wichtige Dinge haben sich weiter bewegt in den letzten fünf Jahren. Auf dem ZEGG-Gelände gibt es so gut wie keinen Autoverkehr mehr, weil wir neben den Handkarren, die hier immer schon viele Waren transportiert haben, verschiedene Elektro-Lastenräder angeschafft haben und für betriebliche Belange oder für den Verleih nutzen. Und wir haben unser schon lange bestehendes Carsharing auf solide Füße gestellt und dafür einen Verein gegründet, und mit ‚Leben im Fläming‘ zusammen eine gemeinsame Buchungsplattform installiert. Wir haben mit dem ‚Wohnblock‘ – endlich – unser größtes Wohngebäude gedämmt und verbrauchen jetzt signifikant weniger Holzhackschnitzel als in früheren Jahren.
In den Jahren 2019 - 2021 haben wir auf dem ZEGG-Gelände ca. 1500 sogenannte „Klimabäume“ gepflanzt. Von denen in den Extremen Dürresommern leider nur 500 überlebt haben, trotz wöchentlichem Gießen. Heute setzen wir mehr auf natürliche Verjüngung, wobei uns die Eichhörnchen und Eichelhäher fleißig unterstützen. Sie tragen unsere Esskastanien, Walnüsse und Baumhasel weit in den Wald und vergessen zum Glücke einiges davon.
Im vergangenen Jahr haben wir den Beschluss gefasst, dass das ZEGG bis 2030 „richtungsweisend CO2-neutral” werden soll. Die aufwändige Dämmung des Wohnblocks war ein Schritt auf diesem Weg, weitere werden folgen müssen.
Es ist, zumindest im Sommer und im Herbst, immer wieder eine große Freude, beim Gang in unser Kühlhaus zu entdecken, dass dort (fast) nur schwarze Kisten stehen. In den schwarzen Kisten wird unser selbst angebautes Gemüse transportiert, in den grünen das des lokalen Bio-Großhandels. Unser Gartenteam produzierte in den letzten Jahren kontinuierlich knapp 30 t Obst und Gemüse jährlich, welches auf den denkbar kürzesten Wegen auf unseren Tisch kommt und übers Jahr gerechnet rund 60 % des Gesamtbedarfes von 100 Bewohnern und den Gästen der knapp 19.000 Gästeübernachtungen pro Jahr deckt.
Neben den hier genannten eher ‚klassischen‘ Elementen eines ökologischen Projektes zielt vieles von unserer Bildungsarbeit darauf ab, uns und unseren Gästen wieder einen fühlbaren und unmittelbareren Zugang zu unserer Mitwelt möglich zu machen, und so auch auf emotionaler Ebene die Bereitschaft zu stärken, sich für sie einzusetzen.
Text: Georg Lohmann im November 2024, Fotos: Ingo Sparr